Was ist der Vagusnerv?

Der Vagusnerv, auch als Nervus vagus, Ruhenerv oder zehnter Hirnnerv bekannt, ist als Hauptnerv des Parasympathikus ein wichtiger Bestandteil des vegetativen Nervensystems. Als einer der längsten Nerven im menschlichen Körper verläuft er mit zahlreichen Verästelungen vom Gehirn über die Ohren, den Hals, den Kehlkopf, den Brustkorb bis in den Bauchraum zu sämtlichen Organen.

Der Vagusnerv steuert verschiedene Körperfunktionen wie den Herzschlag, das Verdauungssystem, die Atmung, Nierenfunktion, Immunreaktionen und unsere Emotionen. Seine Hauptaufgabe: Er sorgt als Gegenspieler zum Sympathikus für innere Ausgeglichenheit, Entspannung und damit die Regeneration des Körpers.

All das geschieht für uns völlig unbewusst. Allerdings merken wir schnell, wenn das Gleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus aus dem Gleichgewicht gerät. Ist der Vagusnerv und damit die beruhigende Nervenübertragung gestört, werden wir nervös und hibbelig, können nicht schlafen und fühlen uns erschöpft.

Um das überreizte, gestresste Nervensystem zu beruhigen, kann es helfen, den Vagusnerv gezielt zu stimulieren und die Entspannung zu fördern.

 

Wodurch wird der Vagusnerv blockiert?

Häufig führt übermäßiger oder chronischer Stress zu einem Ungleichgewicht zwischen Parasympathikus und Sympathikus und blockiert damit die Funktion des Vagusnervs.

Wer ständig unter Strom steht, von einem Termin zum nächsten hetzt, in den Pausen und nach Feierabend noch am Smartphone hängt, intensiv im Fitnessstudio trainiert und sich nicht die Zeit zum Abschalten und Regenerieren nimmt, stimuliert damit massiv das sympathische Nervensystem. Dadurch gerät das Verhältnis zwischen Anspannung und Entspannung aus der Balance.

Auch Bewegungsmangel und eine ungesunde Körperhaltung können sich negativ auf den Vagusnerv auswirken. Nackenverspannungen blockieren die Nervenbahnen, was neben Nackenschmerzen noch weitere Beschwerden nach sich ziehen kann.

 

Welche Symptome hat ein gestörter Vagusnerv?

Ist der Vagusnerv gestört oder der Sympathikus überstimuliert, äußert sich das durch verschiedene Symptome, die das Wohlbefinden und die Gesundheit beeinträchtigen. Typisch sind:

  • innere Unruhe
  • Herzrasen
  • Herzrhythmusstörungen
  • Verdauungsbeschwerden
  • Magenprobleme
  • Schlafprobleme
  • Erschöpfung
  • Stimmungsschwankungen
  • Angst
  • Depressionen
  • chronische Schmerzen

Oft sind Stress und Überforderung die Auslöser für die Beschwerden. Gerade hinter Magen-Darm-Problemen wie Reizdarmsyndrom, Blähungen oder Verstopfung steckt häufig ein Ungleichgewicht im Nervensystem. Dann kann es helfen, den Vagusnerv mit gezielten Übungen zu stimulieren, um das sympathische Nervensystem von der Überreizung zu beruhigen.

 

Wie stimuliert man den Vagusnerv?

Durch die bewusste Stimulation des Vagusnervs baust Du Stress ab, wirst stressresistenter und kannst besser abschalten. Diese Übungen lassen sich ganz einfach ohne großen Aufwand in den Alltag einbauen:
 

1. Atmung

Erst mal tief durchatmen. Der wohlgemeinte Rat in stressigen Situationen ist tatsächlich eine kleine Soforthilfemaßnahme, um das Nervensystem zu beruhigen. Denn tiefes Atmen stimuliert den Vagusnerv und senkt die Herzfrequenz, löst die Anspannung der Muskulatur, regt das Immunsystem und die Verdauung an und fördert den Stressabbau.

So geht's: Atme mehrmals tief in den Bauch ein und aus. Dabei zählst Du in Gedanken beim Einatmen bis vier, beim Ausatmen ebenfalls. Dann verlängerst du die weiteren Atemphasen bis fünf, beim nächsten Mal bis sechs, bis sieben, vielleicht sogar bis acht, bis Deine Atmung ruhig fließt und Du merklich entspannter wirst.

Eine weitere Atemtechnik ist das Box-Breathing, eine bewährte Beruhigungstechnik der Navy SEALS. Dabei atmest Du vier Sekunden lang durch die Nase ein, hältst den Atem vier Sekunden an, atmest vier Sekunden lang durch den Mund aus und wartest wieder vier Sekunden, bevor Du erneut sozusagen „im Quadrat“ einatmest. 


2. Entspannungstechniken

Das regelmäßige Üben von Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation unterstützt den Stressabbau und die Regeneration des Körpers. Dabei spielt die bewusste Atmung eine wichtige Rolle, ebenso das mentale Abschalten und der Fokus auf das Hier und Jetzt. Das steigert die Resilienz und lässt Dich auch bei Stress einen kühlen Kopf bewahren. Obendrein dehnen und entspannen die Yogaübungen die Muskulatur, mobilisieren die Wirbelsäule und lösen Verspannungen im Nacken- und Halsbereich.


3. Achtsamkeit

Durch den ewigen Alltagsstress vergessen wir oft völlig, achtsam durchs Leben zu gehen und auch einmal den Moment zu spüren. Mit Achtsamkeitsübungen lernst Du wieder, die Dinge wertungsfrei wahrzunehmen, innezuhalten, in Dich hinein zu spüren und zur Ruhe zu kommen.


4. Massage

Eine Nackenmassage wirkt entspannend, denn genau hier verlaufen die Nervenbahnen. Die Massage kannst Du sogar jederzeit selbst durchführen: Lege dazu beide Hände von außen an den Hals und streiche sanft von den Ohren nach unten zum Schulterübergang. Massiere diese Stelle etwa drei Minuten sanft mit kreisenden Bewegungen, um den Vagusnerv anzuregen.


5. Singen und Summen

Singen entspannt und macht glücklich. Denn durch die Vibration im Kehlkopf wird der Vagusnerv stimuliert. Deshalb nutze jede Gelegenheit, um Deine Lieblingslieder zu trällern, z.B. im Auto oder unter der Dusche. Das summende „Ommm“ bei der Meditation oder das Gurgeln mit Wasser nach dem Zähneputzen hat denselben Effekt.


6. Kälte

Kalt Duschen, das Gesicht mit kaltem Wasser abspritzen oder andere Kältereize regen den Vagusnerv an und dämpfen gleichzeitig den Sympathikus. Deshalb haben sich Kälteanwendungen wie Eisbaden inzwischen als beliebtes Mittel bei der Stressbewältigung etabliert.


7. Soziale Kontakte

Gemeinsames Lachen, nette Gespräche und ein geselliges Beisammensein regen den Vagusnerv an und wirken sich positiv auf die mentale und körperliche Gesundheit aus. Deshalb triff Dich regelmäßig mit Freunden, geh unter die Leute, pflege die Beziehungen zu liebgewonnenen Menschen.


8. Gesunde Ernährung

Da der Vagusnerv eng mit den Verdauungsorganen verbunden ist, wirkt sich eine ungesunde Ernährung negativ aus. Achte deshalb auf eine ausgewogene Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Fisch und probiotischen Lebensmitteln und verzichte auf Zucker, Weißmehl und Fertigprodukte.

Allgemein wirkt sich ein gesunder Lebensstil positiv auf die Funktion des Vagusnervs aus. Wer sich gesund ernährt, viel bewegt, Stress reduziert und auf ausreichend Entspannung und Schlaf achtet, hält Sympathikus und Parasympathikus im Gleichgewicht.