Die Lauten haben das Sagen und im Alltag geht es manchmal zu wie auf dem Rummel. Wer darunter leidet, sind introvertierte Menschen, denen die leisen Töne lieber sind. Ihnen erscheint die Welt oftmals zu schrill und wuselig. Doch introvertiert zu sein ist kein Makel und kann sogar zur echten Stärke werden. Hier erfährst Du, wie das möglich ist.
Was bedeutet es, introvertiert zu sein?
Introvertierte Menschen haben von klein auf ein großes Bedürfnis nach Ruhe und scheuen sich vor zu vielen sozialen Kontakten, die außerhalb ihrer selbstgewählten Komfortzone aus engen Bekannten liegen. Wer introvertiert ist, hat oft nicht das Bedürfnis viele neue Menschen kennenzulernen, mit ihnen oberflächlich zu plaudern und Smalltalk zu führen. Sie bevorzugen den tiefschürfenden Dialog und unterhalten sich lieber mit einer einzelnen, vertrauten Person oder hören dieser auch einfach sehr gerne zu. Introvertierte sind gern allein und fühlen sich im eigenen Zuhause am wohlsten. Sie brauchen das groß Bad in der Menge nicht und ziehen Kraft aus den Momenten mit sich selbst, in denen sie ruhig nachdenken können. Sie sind sehr feinfühlig und sensibel, manchmal sogar hochsensibel. Oft halten sie sich höflich zurück, anstatt verbal klare Grenzen zu setzen und auch einmal laut und deutlich Nein zu sagen.
Introvertiert zu sein ist keineswegs mit Hochsensibilität gleichzusetzen, jedoch beschreiben sich viele hochsensible Menschen als introvertiert. Egal ob hochsensibel oder nur introvertiert, beides ist keine Krankheit, sondern einfach nur ein Persönlichkeitsmerkmal. Es gibt also keinen Grund sich deshalb von anderen pathologisieren oder gar sonst etwas einreden zu lassen.
Hochsensible Menschen reagieren sehr stark auf äußere Reize, auf Geräusche und Gerüche. Sie empfinden vieles emotional stärker und diese Emotionen wirken lange nach. Daher gehen sie zu einer lauten Welt – so wie sie heute ist – auf Distanz. Sie versuchen die Stresssituationen unserer schnelllebigen Welt zu meiden. Wo Menschenmassen sich tummeln und es laut und unruhig wird, gehen sie auf Abstand und ziehen sich lieber zurück. Wenn Dir dieses Empfinden bekannt vorkommt oder Du Dich einfach noch mehr für dieses Thema interessierst, dann schau einfach in den nächsten Beitrag. Hier haben wir noch mehr Informationen zu Hochsensibilität, den Symptomen und dem Umgang damit für Dich bereitgestellt. Man mag es kaum glauben, doch bis zu 20 Prozent der Bevölkerung sind hochsensibel. Der Großteil davon weiß es nur nicht.
Kommen wir zurück zum introvertiert sein. Eine Introversion ist per se nichts Schlechtes. Wer seine Introversion als Stärke erkennt und sie unter der Masse an extrovertierten Menschen einzusetzen weiß, kann sehr erfolgreich und glücklich werden. Ein Drittel oder sogar die Hälfte der Bevölkerung gilt als introvertiert, Du bist also nicht allein. Die Introversion führt bei vielen Leuten dazu, dass sie sich zurückziehen, andere Menschen lieber meiden und nur einen engen Bekanntenkreis pflegen, dem sie sich jedoch gerne öffnen.
Falls auch Du zu den introvertierten Menschen gehörst und Dein Persönlichkeitsmerkmal noch nicht richtig zu nutzen weißt, können Dir die folgenden Tipps helfen, Dich in unserer lauten Welt zu behaupten.
Warum Introvertierte oft unterschätzt werden
Laute Menschen werden in der Welt viel stärker wahrgenommen und schnell als kompetent angesehen. Dabei ist das oft nur großes Getue und der erste, positive Eindruck nur von kurzer Dauer. Introvertierte Menschen haben hingegen ein unfassbares Potenzial, denn sie gehen die Dinge bedachter an, sind ruhiger und vernünftiger. Sie sind der Fels in der Brandung im Vergleich zu den oft flotierenden, extrovertierten „Eintagsfliegen“. Doch müssen Introvertierte, die zugleich sensibel sind, aufpassen, dass sie sich nicht von der Außenwelt abkapseln und in ihrer zumeist sehr selbstkritischen Art selbst blockieren. Dabei besitzen sie doch mit ihrer Introversion ein ganz besonderes Persönlichkeitsmerkmal, mit dem sich einzigartige Fähigkeiten verbinden, auf die sie sehr stolz sein können:
Introvertierte sind sehr verlässlich und geben anderen Halt. Denn Menschen, die introvertiert sind kehren Ihre Gedanken nicht zuerst nach außen, sondern nach innen. Sie denken über sich selbst nach, wissen, wer sie sind, was sie wollen und auch was sie nicht wollen. Während viele Extrovertierte oft dazu tendieren jede erstbeste Chance unüberlegt zu ergreifen, wägen Introvertierte ab und haben die Besonnenheit bis zur nächsten, besseren Gelegenheit zu warten. Sie treffen daher oft sehr gute Entscheidungen. Blinder Aktionismus liegt ihnen daher fern, wodurch sie ein großes Verantwortungsbewusstsein an den Tag legen.
Sie sind daher sehr vertrauensvolle und zuverlässige Partner in geschäftlichen wie in privaten Beziehungen. Zudem ist durch ihre Insichgekehrtheit ihre Persönlichkeit sehr gefestigt. So schnell bringt sie daher keiner zum Wanken. Sie stehen zu ihren getroffenen Entscheidungen und sind auf diese Weise standhaft und loyal. Ein opportunistisches Hin und Her, das häufig bei extrovertierten Menschen zu erkennen ist, wird man bei introvertierten nur sehr selten sehen.
Es stimmt das Introvertierte ungern die erste Geige spielen und in einer Gruppe große Worte schwingen. Stattdessen sind sie gute Zuhörer. Denn sie stellen sich nicht selbst in den Mittelpunkt, müssen nicht ständig gehört werden und haben die Empathie und Sensibilität, sich in den anderen hineinzuversetzen. Ein Gespräch mit einer introvertierten Person ist daher zumeist sehr wertvoll, da sie wirklich daran interessiert ist, den anderen mit seinen Sorgen zu verstehen und einen guten, fundierten Rat zu geben. Oberflächige Plaudereien sind nicht ihre Sache. Wenn sie jemanden ihre Zeit schenkt, dann mit voller Aufmerksamkeit und Einsatz.
Die ruhige, bisweilen schweigsame Art von introvertierten Menschen kann ihnen zum Teil auch eine gewisse mystische und anziehende Aura verleihen. Denn je weniger man sagt und von sich Preis gibt, umso mehr Raum für Interpretation bleibt bestehen. Daher wirken Introvertierte auf viele Menschen geheimnisvoll anziehend und sehr attraktiv.
Introvertierte denken, bevor sie reden. Während extrovertierte Menschen viel heiße Luft von sich geben, hat die Meinung eines Introvertierten Hand und Fuß. In Gruppen ergreifen Introvertierte zwar selten das Wort, doch wenn sie einmal ihre Stimme erheben, hören ihnen die anderen viel aufmerksamer zu und ihr Wort hat am Ende oft viel mehr Gewicht, als die Meinung der meisten anderen in der Runde. Die ruhigste Person ist damit keineswegs immer die schwächste.
Es gibt noch eine weitere Stärke von Introvertierten, die auch in unserer modernen Welt immer wichtiger wird. Es ist die Fähigkeit sorgfältig und konzentriert zu arbeiten. Denn unsere Welt wird durch den technischen Fortschritt immer komplexer. Gerade im digitalen Bereich greift ein Rädchen ins andere. Mal zügig etwas zusammenschustern ist da nicht. Aber auch in vielen anderen beruflichen Bereichen sind heute immer mehr Menschen gefragt, die die immer komplexer werdenden Strukturen und Themen ruhig und gewissenhaft zu durchdringen wissen. Mit ein paar schnellen Anrufen und ein paar flotten Sprüchen ist es heute nicht mehr getan, sodass sich Introvertierte mit ihren besonderen Qualitäten nirgends zu verstecken brauchen.
Solltest Du den Eindruck haben, dass Du diese Stärken nicht richtig ausspielst und anderen nicht zu zeigen weißt, möchten wir Dir folgende Tipps an die Hand geben, die Dir dabei helfen, als introvertierte Person aus dem Schatten zu treten.