Warum wird ADHS bei Frauen später erkannt?
Grundsätzlich sind erwachsene Frauen und Männer gleichermaßen von ADHS betroffen. Im Kindesalter wird bei Jungen jedoch drei- bis viermal häufiger ADHS diagnostiziert als bei Mädchen. Bei Frauen dauert es meist wesentlich länger, bis die Störung erkannt wird – wenn überhaupt jemals eine Diagnose erfolgt.
Da Mädchen mit ADHS meist ruhig, ängstlich und verträumt sind, bleibt die neurologische Störung lange verborgen. Im Gegensatz zu Jungen, die zappelig, impulsiv und unkonzentriert sind und schon im Kindergarten und in der Schule durch ihr Verhalten auffallen, sind Mädchen mit ADHS häufig genau das Gegenteil: Sie sind unauffällig und stören nicht. Also kein Grund, um nach Ursachen für ihr Verhalten zu forschen.
Oft beginnen die Probleme erst richtig, wenn die Betroffenen im Erwachsenenalter ihren eigenen Haushalt und eine Familie organisieren müssen. Um von Außenstehenden nicht als schlampig, faul und unfähig abgestempelt zu werden, kompensieren sie ihre Defizite durch harte Arbeit und große Anstrengungen.
Ein „Stell Dich nicht so an“ oder „Streng Dich doch einfach mehr an“ von Außenstehenden treibt sie zusätzlich an, über die eigenen Grenzen bis zur völligen Erschöpfung zu gehen. Schließlich soll die Wohnung aufgeräumt sein, Rechnungen müssen rechtzeitig bezahlt und die Termine der Kinder unter einen Hut gebracht werden.
Dass die Betroffenen dabei einen massiven Leidensdruck erfahren, rückt erst seit einigen Jahren in den Fokus der Aufmerksamkeit. Denn Frauen mit ADHS schaffen es meist sehr lange, die Fassade aufrecht zu erhalten und suchen sich erst Hilfe, wenn sie zu bröckeln beginnt.