Warum wir uns oft selbst davon abhalten, glücklich zu sein. Und wie wir das leichter ändern können als gedacht.
Es sind nicht die anderen, die uns wütend machen
Immer wieder kommen diese Tage, an denen wir nach Hause kommen und erstmal Dampf ablassen müssen. Über die doofe Kollegin, ohne die wir schon längst eine Karrierestufe höher wären! Die Freunde, die immer alles so kurzfristig absagen und uns den Abend vermiesen. Und muss der Nachbar über uns denn ausgerechnet jetzt Staub saugen?
Autorin und Coach Ina Rudolph weiß: Es sind nicht die anderen, die uns wütend machen. Wir haben die Kraft und die Macht, unsere Blickwinkel so zu wählen, dass wir genau das verhindern. „Die Welt hat alles mögliche parat“, sagt sie. „Es gibt tausend mögliche Sichtweisen auf eine einzige Sache.“ Wie wäre es zum Beispiel, wenn wir einfach mal nach einer Beförderung fragen würden, anstatt jeden Tag die Kollegin zu beäugen? Wenn wir unsere Freunde geraderaus bitten, nicht mehr so kurzfristig abzusagen oder uns über den ruhigen Abend freuen? Und was, wenn wir anstatt mit säuerlicher Miene dem Staubsauger zuzuhören die Musik laut aufdrehen und eine Runde tanzen?
Raus aus der Ohnmacht
„Man sucht sich unbewusst stressige Blickwinkel aus“, erklärt Ina Rudolph. „Viele Leute sind sehr fixiert auf Probleme und Kritikpunkte“. Wie man aufgewachsen ist, kann hier einen Einfluss haben. Auch prägende Erfahrungen können Annahmen formen, Ängste beispielsweise, oder Vorurteile. Dennoch: An den eigenen Annahmen festhalten und darauf warten, dass sich andere Menschen und Situationen verändern ist frustrierend und selten von Erfolg gekrönt. Bei sich selbst anzusetzen und die eigenen Bewertungen zu hinterfragen, ist zwar anstrengend, doch die einzig nachhaltige Lösung gegen die Wut und die gefühlte Ohnmacht.
Im Laufe des Lebens macht man immer wieder solche Perspektivwechsel durch, man sagt: Dass diese Sache passiert ist, hatte doch etwas Gutes. Nur konnte ich das vorher nicht sehen.
THE WORK – Die Methode von Byron Katie
Eine Methode, die den Perspektivwechsel erleichtert und zurück in die eigene Kontrolle bringt, ist „The Work“, mit der auch Ina Rudolph arbeitet. Ein einfacher Prozess der Selbstüberprüfung, bei der wir tief in uns hinein hören und uns selbst vier Fragen beantworten. Zuerst suchen wir uns einen Glaubenssatz, eine Annahme über uns selbst, andere Menschen oder Umstände. Beispielsweise: Ich habe nicht genug Geld. Dann fragen wir uns: Ist das wahr? Kann ich mit absoluter Sicherheit wissen, dass es wahr ist? Wie reagiere ich und was passiert, wenn ich diesen Gedanken glaube? Was wäre ich ohne diesen Gedanken?
Danach kehren wir den Glaubenssatz um. Aus „Ich habe nicht genug Geld“ wird „Ich habe genug Geld.“ Auch hier fragen wir uns wieder: Könnte dieser Satz wahr sein, vielleicht sogar wahrer als der ursprüngliche Glaubenssatz? Dann suchen wir Beispiele dafür, dass dieser Gedanke wahr sein könnte – zum Beispiel: Ich habe immer einen vollen Kühlschrank. Ich habe eine schöne Wohnung. Ich kann meinen Kindern zum Geburtstag Geschenke kaufen. Der Prozess der Fragen und Umkehrung dauert, die Suche nach den Antworten gleicht einer Meditation. Wir diskutieren dabei nicht mit unserem Verstand, sondern suchen tief in uns nach der Antwort auf die Fragen.
Willkommen am Steuerrad
Viele Menschen werden unbewusst von ihrem Denken behindert. Wir können aber lernen, das Denken so zu benutzen, dass es uns nützt. „Dass manche Gedanken die Macht haben, uns tatsächlich zu blockieren, uns von Dingen abzuhalten“, sei eine der größten Erkenntnisse als Coach und in der Arbeit mit The Work für sie gewesen, sagt Ina Rudolph. Gleichzeitig sagt sie: „Das kann auch eine Chance sein – diese Erfahrung, in einer konkreten Situation zu merken: Ah, ich blockiere mich hier selbst! Ich kann etwas verändern, ich sitze hier am Steuerrad.“