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Kalender Aktualisiert: 11. Mar 2024

Warum fällt uns Nein sagen so schwer?

Es ist eigentlich ganz einfach, und dennoch kommt uns dieses kleine Wort oft so schwer über die Lippen. Die Folge: Wir tun Dinge, die uns keinen Spaß machen und opfern Zeit, die wir anders gestalten könnten. Warum es vielen so schwer fällt, Nein zu sagen, und wie Du lernst, Deine eigenen Interessen öfter durchzusetzen, erfährst Du hier.

N E I N – so einfach kann es manchmal sein, uns selbst gegen andere zu behaupten und Dinge abzuweisen, die wir nur ungerne tun würden. Doch viele haben sich durch gesellschaftlichen Druck oder eigene hohe Erwartungen zum notorischen Ja-Sager entwickelt.

Kannst Du im Büro noch schnell die Ablage machen? Ja, kann ich. Kannst Du uns beim Umzug helfen? Ja, klar. Kannst Du beim Sommerfest der Schule wie jedes Jahr eine Aufgabe übernehmen? Ja, mach ich. Kannst Du, kannst Du kannst Du … Wer immer hilfsbereit für sämtliche Aufgaben zur Verfügung steht, wird schnell als selbstverständlich angesehen. Sich hier abzugrenzen fällt Hochsensiblen besonders schwer. Dabei kann uns ein Übermaß an Aufgaben, die wir nur ungerne tun, ganz schön stressen und unglücklich machen.

Auch im Alltag gibt es immer wieder Situationen, in denen wir eigentlich lieber Nein statt Ja sagen würden, uns aber nicht trauen. Warum wir dann oft gegen unseren Willen nachgeben und uns überreden lassen, kann folgende Ursachen haben:
 

1. Schlechtes Gewissen

Du fühlst Dich für das Wohlergehen Deiner Kolleginnen oder Freundinnen verantwortlich und hast sofort ein schlechtes Gewissen, wenn Du nicht gleich helfend einspringst? Doch in erster Linie ist jeder für sein Leben selbst verantwortlich und muss mit seinen eigenen Ressourcen zurechtkommen, wenn nicht gerade ein Notfall eingetreten ist.
 

2. Angst, nicht mehr gemocht zu werden

Du denkst, dass Dich andere nicht mehr mögen, wenn Du Ihnen nicht immer zur Verfügung stehst? Aber wie ist denn eine Person einzuschätzen, die ihre Zuneigung davon abhängig macht, dass man ihr einen Gefallen erweist? Eben.
 

3. Angst vor Konsequenzen

Wenn Du Kolleg:innen oder Deiner/m Vorgesetzten eine Bitte abschlägst, kann es sein, dass diese enttäuscht reagieren. Gerade Führungskräfte belohnen den Dauereinsatz gerne mit mehr Zuwendung und Lob - das kann natürlich nach einem Nein deutlich schmaler ausfallen. Aber um eine Überlastung zu vermeiden, solltest Du auch beim Chef Deine Grenzen ziehen.
 

4. Angst, als egoistisch zu gelten

Die Meinung anderer ist den meisten Menschen extrem wichtig. Kein Wunder, dass viele lieber Ja sagen bevor sie Gefahr laufen, dass man schlecht über sie spricht. Damit solltest Du aber umgehen lernen, sonst wirst Du im Gegenzug das Opfer von Menschen, die andere ständig beanspruchen. Man nennt sie auch Egoisten.
 

5. Das positive Gefühl, gebraucht zu werden

Empfindest Du es als sehr schmeichelhaft, immer wieder um einen Rat, einen Gefallen oder um Hilfe gebeten zu werden? Wirst Du gerne gebraucht? Das kann sich auch zum Helfer-Syndrom auswachsen. Meist stecken Minderwertigkeitsgefühle dahinter, wenn man ständig nach Anerkennung giert. Im schlimmsten Fall drohen Überlastung und Burnout - und meist wenig Unterstützung und Wertschätzung, wenn man selbst Hilfe braucht.


Solche Ursachen liegen meist in der Kindheit begraben, wenn wir gelernt haben, dass Ja sagen manchmal die einfachere Option ist. Während die meisten dieser Ängste jedoch oft unbegründet sind, kann Letzteres tatsächlich zum Problem werden. Denn wer sich gut dabei fühlt, sich für andere aufzuopfern, bleibt dabei gerne selbst auf der Strecke und läuft Gefahr, eines Tages unter Burnout zu leiden.

Warum Nein sagen unser Leben verändern kann

Die Pflichtaufgaben des Alltags sind oft stressig genug, da brauchen wir nicht noch zusätzliche Belastung. Wenn wir uns nur auf die schönen Aufgaben konzentrieren, die uns Freude bereiten und durch die wir einen Zugewinn sehen, hebt das automatisch das Glücksgefühl. Gleichzeitig gilt es, die belastenden Aufgaben, die uns zusätzlich unter Stress setzen und dadurch emotional runterziehen, zu reduzieren und nur auf das Notwendigste zu beschränken, wie Arbeit oder wichtige Familienangelegenheiten.

Wer öfter mal Nein sagt, hat auf jeden Fall mehr Zeit, Energie und Spaß um die eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen und daraus Kraft und Lebensfreude zu ziehen.

Wie kann ich Nein sagen lernen? 6 Tipps, wie Du es schaffst

Wer zu oft Ja sagt und sich zu vielen Aufgaben und Gefälligkeiten überreden lässt, gerät schnell unter Stress. Das gilt es natürlich zu verhindern, denn Freizeit, Spaß und eine gute Work-Life-Balance sind wichtig für Dein Wohlbefinden und Dein persönliches Lebensglück. Deshalb nimm Dir die folgenden 6 Tipps zu Herzen, wenn Dich jemand das nächste Mal um einen Gefallen bittet:


1. Nimm Dir Bedenkzeit

Wenn Dich jemand um etwas bittet, sag nicht sofort Ja, sondern nimmt Dir die Zeit, um drüber nachzudenken. Wenn Du dann immer noch deutlich Ja sagen würdest, wunderbar. Wenn aber eine innere Stimme gewisse Zweifel hat und eigentlich lieber Nein sagen würde, dann höre auf sie. Oft lassen wir uns überrumpeln und bereuen im Nachhinein, dass wir etwas zugesagt haben, woran wir keinen Spaß haben oder was uns viel Zeit kostet, die wir lieber mit Freunden oder der Familie verbringen würden.


2. Hinterfrage den Aufwand

Bevor Du eine Entscheidung triffst, überlege, wie viel Zeit und Kraft es Dich kosten wird, wenn Du Ja sagst. Dein Kollege bittet Dich, einen wichtigen Brief noch schnell mit zur Post zu nehmen? Hier ist der Zeitaufwand recht gering und ein Ja tut keinem weh. Du sollst Deinen wertvollen Sonntag opfern, um den ganzen Tag bei einer Veranstaltung mitzuhelfen? Das kostet viel Zeit und auch jede Menge Kraft und sollte gut überlegt werden.


3. Denke an Deine Bedürfnisse

Hilfsbereitschaft ist eine schöne Eigenschaft, aber Du bist auch wichtig! Wer immer nur hilft und sich dabei selbst hinten anstellt, lässt sich von anderen schnell ausnutzen und hat irgendwann keine Energie mehr, um den Alltag zu bewältigen und anderen zu helfen. Deshalb stärke Dein Selbstwertgefühl und erlaube Dir öfter, Nein zu sagen und Dir Zeit für Dich zu nehmen. Dadurch kannst Du Deine Akkus aufladen, um bei der nächsten Aufgabe, die Dir Spaß macht, wieder voll einsatzbereit zu sein.
 

4. Halte Dein Nein aus

Bestimmt kennst Du das: Du hast jemandem einen Gefallen verweigert und fühlst Dich nun egoistisch und hast ein schlechtes Gewissen. Versuche, dieses Gefühl auszuhalten und Du wirst sehen, dass es Dich bald nicht mehr beschäftigt. Halte Dir immer wieder vor Augen, dass Du dafür einen guten Grund hattest und dass Deine Zeit, Deine Bedürfnisse ebenso wichtig sind. Mit ein bisschen Übung wirst Du Dich daran gewöhnen und akzeptieren, dass Du es nicht jedem Recht machen kannst - und willst!


5. Formuliere Dein Nein höflich

Ein bestimmtes, klares Nein muss nicht unbedingt pampig und unhöflich daherkommen. Eine Absage lässt sich auch freundlich überbringen. Dadurch läufst Du nicht Gefahr, dass sich andere vor den Kopf gestoßen fühlen. Ein Beispiel: „Ich würde gerne helfen, aber ich will am Wochenende lieber Zeit mit der Familie verbringen“ ist eine nachvollziehbare Begründung, die Dir keiner übelnehmen kann. Eine offene und ehrliche Begründung wird in der Regel leichter akzeptiert als eine fadenscheinige Ausrede.
 

6. Mache Dir selbst Deine Grenzen klar

Nimm Dir vor, niemals wieder Ja zu sagen, wenn Du Nein denkst. Versuche Dir klar zu machen, dass Dich echte Freunde nicht ablehnen, wenn Du Deine eigenen Bedürfnisse wichtig nimmst. Wahre Freundschaft hängt nicht davon ab, dass Du es allen recht machst. Im Gegenteil, Deine Freunde sollten Dich und Deine Grenzen respektieren. Hilfreich ist es, manches für sich kategorisch auszuschließen: Wenn Du in Deinem Leben genug Möbel geschleppt hast, kannst Du Dir selbst die Regel vorschreiben, dass Du bei keinem Umzug mehr hilfst. Und dass Du auch selbst nie wieder andere dafür einspannen wirst. Eine Absage, die Du aus Prinzip triffst, wird Dein Gegenüber weniger persönlich nehmen.

 

Wenn Du ab jetzt hin und wieder Nein sagst, wirst Du schnell merken, welche befreiende Wirkung das haben kann. Vielleicht reagiert Dein persönliches Umfeld überrascht, wenn Du Dir nicht mehr jede Kleinigkeit aufs Auge drücken lässt. Doch keine Sorge: Familie, Freunde und Kollegen werden sich daran gewöhnen und Dich mit manchen Anfragen sogar in Ruhe lassen. Und wenn Du doch einmal die Lust verspürst zu helfen, kannst Du Deine Hilfe immer noch gezielt anbieten.